Eindrücke von Kamboscha

Kambodscha scheint manchmal entwurzelt
Kambodscha scheint manchmal entwurzelt

Jörg schreibt:

 

Dieses Land ist eine einzige Müllgrube. Alle schmeißen ihren Plastikmüll an den Wegesrand. Umweltgedanken sind hier ein Fremdwort. Wälder werden rücksichtslos gerodet, wenn sie nicht schon in der RotenKhmer-Zeit den neuen Reisfeldern weichen mussten. Steht man auf einem hohen Berg, wird das Ausmaß im Süden des Landes deutlich: Die Natur wurde unwiderruflich zerstört. Wenn wirklich noch einige große Waldgebiete stehen geblieben sind, dann aufgrund von Minengefahr. Für mich ist Kambodscha im Vergleich zu Laos nicht schön.

 

 

 

Die Tuk-Tukpreise sind recht fair, die meisten Tuk-Tukfahrer dennoch unverschämt.

 

 

 

Das ewige Verhandeln scheint den Kambodschanern Spaß zu machen, ich habe langsam keine Lust mehr auf das Gefeilsche. Es erinnert mich stark an afrikanische Basare.

 

 

 

Alle Lebensmittel und Kleidungsstücke werden importiert, die Textilindustrie spielt kaum eine Rolle. Das heißt, jeder Apfel, jede Milch, usw. kommt aus allen Teilen der Welt. An den Obst- und Gemüseständen gibt es kein große Auswahl: Gurken, Möhren, Melone, Mango, die teuren Äpfel aus Neuseeland, Limetten, Bananen, usw. Als Selbstversorger während des Tages schränkt das mächtig ein. Die Lebensmittelpreise sind relativ hoch.

 

 

 

Bäckereien muss man suchen. In Städten mit großem französischem Einfluss gibt es sie, morgens frisches Baguette zu bekommen ist jedoch schwer, da in Kambodscha zu der Tageszeit Suppe gegessen wird.

 

 

 

Die Menschen sind nicht immer herzlich, aber nie unfreundlich. Auf dem Land erntet man eher ein Lächeln als in der Stadt. Spricht man jemanden an, wittert er / sie in der Stadt sofort das große (Touristen)Geschäft. Ehrliche Tipps sind selten. Allerdings öffnen die Kambodschaner sich, wenn man ein intensiveres Gespräch sucht, so geschehen beim Frisör in Siam Reap und mein langes Gespräch mit dem Hotelmanager auf Koh Rong.

 

 

 

Reisen ist in großen Bussen komfortabel (mehr Beinfreiheit). Im Minivan haben es große Menschen schwer. Die Preise schwanken wie der Schilf im Wind. Nervig, aber notwendig sind ständige Preisvergleiche.

 

 

 

Die Hotels und Guesthouses im Budgetbereich sind entsprechend in ihrer Qualität. Man kann sich sicher sein, dass irgendetwas kaputt ist oder einfach fehlt. Fast immer sind die Bäder schimmelig, weil man vergessen hat, ein Fenster oder Lüfter einzubauen. Kabel gucken lose aus der Wand, Ventilatoren machen großen Krach und rauben den Schlaf. Ansonsten lässt es sich für wenig Geld im Doppelzimmer gut schlafen. Nervig: Ständig finden Feiern mit lauter Musik statt (wie in Thailand). Mit riesigen Boxen wird Krach bis tief in die Nacht gemacht. Schön, dass der Ventilator meist noch lauter ist J.

 

 

 

Kambodscha-Time heißt, viel Zeit mitbringen und nicht darüber nachdenken, wenn mal wieder etwas nicht kommt. Es kommt irgendwann und irgendwie kommt man von A nach B. Die Busbahnhöfe liegen nicht so weit außerhalb wie in Laos, dadurch hatten wir wesentlich weniger Fahrtkosten.

 

 

 

Das Geld ist eine Katastrophe. Die Rielscheine sammeln sich massenhaft, weil man ständig auf Dollar die Rielwährung zurückbekommt. Dollar werden für größere Summen verwendet, Riel für kleinere Käufe.

 

Nur ansatzweise angerissene Scheine verweigern die Kambodschaner, haben aber kein Problem damit, mir sie ständig in die Hand zu drücken. Ein dezenter Hinweis, dass ich dann eben woanders kaufe, hilft, um zum großzügigen Umdenken zu bewegen. Mit einem Lächeln geht es dann doch…

 

Kambodscha ist Korruption pur. Polizisten halten willkürlich Ausländer an und dichten ihnen Vergehen an, die gegen eine Schmiersumme dann nicht geahndet werden und schon ist der Basar eröffnet. Ordnungsstrafen sind Verhandlungssache. Eine 15 $-Strafe kann bei gutem Diskutieren auf 1 $ herunter gehandelt werden. Heute habe ich einen noch besseren Tipp bekommen: Einfach weiterfahren. Billiger geht es nicht. Beim nächsten Ausländer klappt es bestimmt. In Sihanoukville gab es viele falsche Polizisten im Ort, die die Verkehrsteilnehmer abgezockt haben. Wie wir gehört haben, müssen die echten Polizisten sich vor dem Ort versammeln und haben kein Recht, in die Innenstadt zu kommen. Beschwerden zwecklos.

 

 

 

Die Khmerküche ist köstlich, vor allem das Khmercurry: Gemüse in Kokusmilch und Gewürzen gekocht, serviert mit Reis. Gerichte sind meist etwas teurer als in Laos.

 

 

 

Hier gibt es keine Sensiblität gegenüber der Geschichte. Neben Gedenkstätten wird laute Musik gespielt, Asiaten gehen laut lachend über das Gelände. Kambodschaner denken nur darüber nach, wie sie aus den Touristen  / ihrer Geschichte Profit ziehen können, Kinder gehen auf Betteltour. Man kann es ihnen nicht verübeln, sie scheinen aber überhaupt keinen Stolz zu besitzen,  gewisse Anstandsregeln einzuhalten. Leider schicken arme Familien erfolgreiche Bettelkinder eher zu den Touristenorten, als sie in die Schule zu schicken. Deswegen: Auch wenn das Herz blutet, keine Waren von Kindern kaufen und ihnen keine Almosen geben.

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Holger (Montag, 07 März 2016 23:44)

    Lieber Jörg,
    deine Eindrücke sind sehr plastisch - danke dafür, dass Du sie im Blog teilst. Kambodscha war wohl echt eine Nummer. Nina hat ja auch viel Interessantes in ihrem "Länderfazit" dazu geschrieben.
    Es sind oftmals die kurzen Statements (und dein Witz) die den inneren Schalk lachen lassen oder zu denen mir ein Gedanke in den Kopf schießt. Deshalb nur im Steno-Style hier:

    "Wenn wirklich noch einige große Waldgebiete stehen geblieben sind, dann aufgrund von Minengefahr" Lasst uns so schnell wie möglich den tropischen Regenwald in Brasilien verminen.

    "Es erinnert mich stark an afrikanische Basare." Den direkten Vergleich wirst Du ja bald haben. Bin auf das Fazit jetzt schon gespannt ;-)

    "Auf dem Land erntet man eher ein Lächeln als in der Stadt." Also wie in Deutschland - aber obacht: hier kommt es doch sehr auf die regionalen Unterschiede an. In Schwaben ist es sehr wahrscheinlich, dass Du auf die Kehrwoche aufmerksam gemacht wirst, als dass Du ein Lächeln erntest.

    "Kabel gucken lose aus der Wand, Ventilatoren machen großen Krach und rauben den Schlaf." Dieser Satz ist in Verbindung mit diesem "Schön, dass der Ventilator meist noch lauter ist J." mein absoluter Lieblingssatz! Das gibt Optionen. Eine wäre, mit der geamten Familie, die wegen des Lärms nicht schlafen kann, eine Art russisches Roulette zu spielen: wer sich als erster traut, an das Kabel zu langen hat gewonnen. Oder findet endlich den wohlverdienten Schlaf.
    Oder, in Verbindung mit diesem, "Nervig: Ständig finden Feiern mit lauter Musik statt (wie in Thailand). Mit riesigen Boxen wird Krach bis tief in die Nacht gemacht." Plan B:
    Alle gehen auf die Party, tanzen sich die Seele aus dem Laib und versuchen alle Spezialitäten, die dort zum Konsumieren angeboten werden. Dann, nach zwei Stunden Schlaf, wird eine Wanderour in eine, nicht allzu nahe liegende, Touri-Attraktion gemacht. Der gesunde Schlaf am Abend ist garantiert - jenseits von Musik und Ventilatoren.

    "Kambodscha-Time heißt, viel Zeit mitbringen und nicht darüber nachdenken, wenn mal wieder etwas nicht kommt." Im beliebten Urlaubsland Spanien nennt sich das "dolce far niente"

    "Das Geld ist eine Katastrophe". Das gilt überall und weltweit.

    "Heute habe ich einen noch besseren Tipp bekommen: Einfach weiterfahren. Billiger geht es nicht." Das ist der ultimative Tipp. Ich habe so lachen müssen. Genau so sollte man es machen!

    "Die Khmerküche ist köstlich..." Das glaube ich dir sofort. Ihr habt wahrscheinlich die eine oder andere sehr leckere Mahlzeiten genießen können.

    "Man kann es ihnen nicht verübeln, sie scheinen aber überhaupt keinen Stolz zu besitzen, gewisse Anstandsregeln einzuhalten." Mein Herz weint bitterlich...aus zweierlei Gründen.

    Suerte,
    Holger





  • #2

    Peter (Sonntag, 10 April 2016 11:46)

    Mein lieber Jörg,
    Holger hat viel kommentiert und das deckt sich sehr mit dem, was ich schreiben könnte/wollte, also will ich mich nicht wiederholen. Ich muß allerdings feststellen, daß mich deine Beschreibungen eher abschrecken als einladen, dieses Land zu besuchen. Vielleicht muß ich aber auch eure so große Erfahrung der letzten Monate mit einbeziehen, sich z.B. jeden diesem ewigen Feilschen auszusetzen. We will see ... :-)
    Liebe Grüße
    Peter

  • #3

    Johannes (Sonntag, 24 September 2017 03:42)

    Hallo Jörg, durch Zufall bin ich gerade auf deinen Blog gestoßen und weiß nicht ein Mal, ob dich mein Kommentar jemals noch erreichen wird. Trotzdem würde ich gerne ein paar Worte dazu sagen, weil mein Herz blutet, wenn ich deinen Text lese und ich gerne für nachfolgende, zufällige leser ein paar Dinge klarstellen möchte.
    Zunächst ein Mal ist deine Schreibweise sehr negativ und kritikreich. Es klingt, als hätte dir dieses Land einfach nicht gefallen und irgendwie lässt du deinen Frust an den Einwohnern Kamboschas aus.
    Zu deinem ersten Aspekt, dem Umweltbewusstsein fällt mir spontan ein, dass es in Kamboscha eben auch einfach nicht die Infrastruktur für eine Müllabfuhr gibt und, dass (so habe ich es zumindest erlebt) ein nicht unerheblicher Teil des Mülls auch von Touristen erzeugt wird.
    Wenn dir Tuktuk-Fahrer zu unverschämt sind, dann lass dich doch einfach nicht wie ein König von ihnen rumfahren.
    Zum Thema Textilindustrie würde ich gerne anmerken, dass unter der Herrschaft der Roten Khmer leider nun mal das meiste an Industrie zerstört wurde und so etwas kann man so schnell nicht wieder aufbauen. Hinzu kommt, dass die meisten Textilfabriken im Besitz westlicher Kleidungsfirmen sind, um unsere T-Shirts hier so billig wie möglich zu halten.
    An Obst und Gemüse gibt es eine riesige Vielfalt, wenn man mal auf eher weniger auf Touristen ausgelegten Basaren nachschaut ;)
    Und zu guter letzt möchte ich noch auf deine Aussage "Man kann es ihnen nicht verübeln, sie scheinen aber überhaupt keinen Stolz zu besitzen, gewisse Anstandsregeln einzuhalten." eingehen. Ich glaube, wenn du unter dem Existenzminimum leben würdest und dein Essen für den Tag nicht sichern kannst, wäre dir Anstand auch fremd.
    Und laute Musik neben Gedenkstätten hat möglicherweise etwas damit zu tun, dass die Khmer ihre Geschichte tot schweigen, weil es einfach viel zu schmerzhaft für viele ist und auch, weil einige immer noch befürchten die Roten Khmer könnten zurück kommen und einen dann zur Rechenschaft ziehen. In reliösen Gedenkstätten ist das noch ein mal etwas anderes. Da liegt es glaube ich einfach sehr daran, dass Religion in Kambodscha nicht als etwas exotisches, sondern viel mehr als Bestandteil des Alltags gelebt wird. Da wird nicht im Kollektiv geschwiegen, wie in jeder europäischen christlichen Kirche. Glaube ist dort eben sehr lebhaft.
    Ich hoffe, du fühlst dich nun nicht zu sehr von mir angegriffen, denn das ist keineswegs meine Intention hier. Ich habe nur das Gefühl, dass du eine sehr einseitige Sicht geschildert hast und wollte auf Basis meiner Erfahrungen einen kleinen Gegenpol dazu bieten.
    Freundliche Grüße und leahaey,
    Johannes