FEEL FREE - NO FEE ! Wie uns die Laoten das Leben schwer machten

Ein anstrengender Grenzübergang
Ein anstrengender Grenzübergang

9.02.

 

Jörg schreibt:

 

 

 

Abfahrt von den 4000 Inseln mit einem mehr als mulmigen Gefühl. Wie wird der Tag des Grenzübergangs wohl werden ? Nach allem, was ich im Internet gelesen habe, graut mir vor der Herausforderung.

 

Während wir vor unserem Hostel auf das Boot warten, lernen wir Ben und Marianna kennen. Ben ist Amerikaner und lebt seit 3 Jahren in Vietnam, Marianna kommt aus Mexiko. Beide haben wie wir an der Grenze die Firma AVT mit dem Shuttleservice beauftragt. Auch sie stehen vor dem Problem, möglichst günstig an die Grenze zu kommen. Zusammen sollten wir doch bessere Chancen haben. Ich bin jedenfalls froh, dass wir Verbündete haben. Ben scheint ein netter Typ zu sein.

 

Das Boot kommt wie vereinbart. Anders als bei der Hinfahrt hilft der vietnamesische Fahrer nicht mehr beim Ein- und Ausladen. Auch als wir ihn bitten, denkt er gar nicht daran, uns mit den schweren Säcken zu helfen. Dass die Kinder beim Einsteigen über Bord gehen könnten, juckt ihn nicht. Das geht ja gut los.

 

Friedlich tuckern wir über den Mekong. Ein letztes Mal die friedliche Ruhe des Flusses mit dem Farbenspiel der Sonne genießen. Die Ruhe vor dem Sturm. 

 

Ankunft: Diesmal nicht am komfortablen Holzsteg, sondern an einem Strand, was das Aussteigen nicht einfacher macht. Durch den Dreck schleppen wir uns zur Straße nach oben. Dort sprechen uns ein Paar mit kleinen Kindern aus Wien an, die wir schon einmal kurz getroffen haben. Auch sie haben mit AVT gebucht. Welch glücklicher Zufall ! Jakob hat eine ähnliche Einstellung wie ich. Auch er will möglichst günstig an die Grenze und sich dort nicht von korrupten Zöllnern das Geld aus der Tasche ziehen lassen. Weitere Verbündete, prima !

 

Zusammen ziehen wir los. Während die Masse zum Busbahnhof geht, um sich ein überhöhtes Busticket zu kaufen, gehen wir in eine Wechselstube. Leider würde ich für die Euroscheine eine lächerliche Dollarsumme bekommen. So bin ich gezwungen, da ich noch keine Dollar für das Visum habe, in eine Bank zu gehen, um mir mit der Kreditkarte Dollar zu beschaffen. Ben, Marianna, Jakob und Lena mit ihren zwei Kindern und unsere Bande warten geduldig. Vor mir sind „nur“ drei weitere Kunden. Das sollte zeitlich machbar sein. Sollte. Bei einem der Franzosen lasse ich mir versichern, dass man hier Geld mit der Kreditkarte holen kann (der Automat draußen gibt kein Geld mehr heraus und würde auch keine Dollar ausspucken). Es wird sage und schreibe 45 Minuten dauern, eine gefühlte Ewigkeit. Zwischendurch kommt Nina nervös um die Ecke. Sie will natürlich wissen, wie lange es noch dauert. Jakob hat in der Zwischenzeit ein Tuk-Tuk besorgt. Alle warten auf die Abfahrt. Mir laufen langsam Sturzbäche über die Stirn. Ich muss in den sauren Apfel beißen und warten. Ohne die Dollar kein Visum an der Grenze, an der es keinen Automaten gibt. Nachdem ich nach vielem hin und her endlich 200 Dollar in den Händen halte und das Restgeld gewechselt habe, renne ich zurück zur Gruppe. Auf geht es zum Taxi:

 

Das Gepäck ist fix verstaut, die Kinder quetschen sich in das Auto. Doch dann will der Fahrer nicht mehr fahren. Irgendjemand von der Busmafia hat sich die Mühe gemacht, mit dem Motorrad zu kommen und dem Fahrer zu verbieten, uns zu fahren. Lange Diskussionen mit ihm, doch er gibt nicht nach. Ihm würde Gefängnis drohen, wenn er uns führe. Ben, der unbeteiligt herum steht, sieht so aus, als platze ihm der Kopf. Er hat längst aufgegeben, ist entnervt und sucht für sich und Marianna eine Alternative. Nach 5 Minuten braust er mit einem Tuk-Tukfahrer davon. Glück gehabt. Wir können leider kein kleines Tuk-Tuk nehmen. Noch geben wir nicht auf. Jakob und ich gehen zur zentralen Bushaltestelle. Die Touristenherde ist mittlerweile im Bus verstaut, der Bus ist immer noch nicht abgefahren. Wir gehen in das Büro, wo der erste Ticketverkäufer gleich bei unserer Geschichte an den 2. Ticketverkäufer verweist. Er spricht französisch, welch ein Glück. Mit allen Mitteln versuchen wir den alten Herrn zu überreden. Ich hatte ihn fast weich geklopft, da mischte sich der Obermafiaboss der Bande ein. Es gab großes Geschrei (was mir völlig wurscht war) zwischen den Verkäufern. Es ließ sich erahnen, dass hier und heute kein günstiges Ticket zu ergattern war. Wenigstens mussten die Kinder nicht zahlen, was uns 33 $ ersparte. Ticketpreis: 11 $ pro Person für 14 Kilometer ! Dann bekamen wir den Segen, im Minivan zur Grenze zu fahren. Anders als die Touristenmasse hatte man uns auch nicht die Pässe abgenommen und wir konnten uns nun in Ruhe in die Schlange für den Ausreisestempel stellen. Dieses war der erste Streich…

 

 

 

Nach 20 Minuten kamen auch Ben und Marianna um die Ecke. Ihr Tuk-Tukfahrer hat sie an der Hauptstraße aus dem Gefährt geworfen. Bens Kopf ist mittlerweile noch röter geworden. Er war über die unfreiwillige Wanderung „not amused“. Wir wussten, dass die Tuk-Tukfahrer ihre Gäste nicht bis zum Grenzhaus bringen dürfen. Mit den Kindern hätten wir die Wanderung in der Hitze nicht machen können. Langsam baut sich die Warteschlange ab, bis wir am Zollhäuschen den grimmigen Beamten ins Gesicht gucken können. Er will (wie erwartet) 2$ Stempelgebühr pro Person, die ich ihm aber nicht geben will. Ich versuche, ihn ein wenig einzuschüchtern mit der offiziellen Regierungsseite und einem angeblichen Besuch in der Botschaft von Vientiane. Das soll bei manchen Travellern geklappt haben. Jakob filmt derweil im Hintergrund. Er hat tatsächlich vor, sich in Österreich bei der laotischen Botschaft zu beschweren und dreht ein Beweisvideo. Jetzt kriegen die korrupten Beamten Muffensausen. Der leitende Beamte schreit Jakob an, das Video zu löschen, was er dann auch macht. Nach 5 Minuten ist es soweit: Wütend schickt uns an den Nachbarschalter. Hier müssen wir zur Strafe warten. Während alle brav ihre Zusatzgebühren bezahlen ohne zu fragen, bekommen wir unseren Ausreisestempel ( 4 Dollar gespart ). Dieses war der zweite Streich…

 

 

 

Wir gehen locker am „Quarantänezelt“ vorbei. Dort bekommt man fingierte Gesundheitsgutachten. Durch Internetberichte von Travellern wusste ich, dass die gelben Zettel anschließend im Mülleimer landen. Sie interessieren die Visamenschen nicht. Ersparnis ( 10 $). Dieses war der dritte Streich.

 

 

 

Jetzt kommt die letzte Hürde: Das Visum. Artig füllen wir die Formulare aus, dann reichen wir sie ein und zahlen die offiziellen 35 $ pro Person. Auch hier soll es „Wünsch-Dir-Was“-Gebühren geben wie Wochenendzuschlag, etc. Jetzt sind wir durch. M. Huth von der Khmerorganisation wartet schon auf uns. Auch mit ihm müssen wir noch diskutieren (bzw. per Handy mit seinem Chef), weil wir Tim für die kurze Fahrt auf den Schoß nehmen wollen. M. Huth behauptet, er müsse den Platz dann selber zahlen, was definitiv nicht stimmte. Ersparnis: 7 $. Erschöpft, aber zufrieden geht es nach Stung Treng, wo wir uns im Riverside Hotel einnisten.

 

 

 

Was blieb vom Tag ? Es war der erwartete Stress, aber auch die Ersparnis von 54 $, die ich lieber der ärmeren Bevölkerung zu Gute kommen lassen werde. Die Korruption der Beamten auf laotischer Seite ist unfassbar. Noch mieser sind die Schlepperbanden, die die Touristen einschüchtern, ihnen die Pässe abnehmen und dann an der Grenze abkassieren. Die Touristen sind so blöd, ihren Pass aus den Händen zu geben und sich auf die Schlachtbank zu begeben. Während wir unsere Strafminuten abwarten mussten, beobachte ich einen Schlepper, der sich mit den Zöllner die überflüssigen Gebühren teilt. Kein schlechter Tagesverdienst, der da mit einem Lächeln in seine private Tasche wandert !

 

Unsere Kinder haben prima mitgemacht und sind 8 Stunden nicht auf die Toilette gegangen. Das erzähle ich meinen Schülern, die ständig auf die Toilette gehen wollen.

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Die bayrische Verwandtschaft (Montag, 15 Februar 2016 17:09)

    Puuuuh.

    Ich bin heilfroh, daß Ihr gut angekommen seid und zumindest gestern ja auch noch wohlauf wart .

    Vermutlich bin ich nicht die einzige Leserin Eures Blogs, die weder das Bild noch den Bericht dazu lesen kann, ohne ganz andere Szenen vor Augen zu haben (Ihr könnt nicht wissen, was sich an Europas Grenzen / auf dem Weg durch Europa hier gerade abspielt) und das macht gerade - so lieb wie ich Euch habe - ganz weiche Knie.....
    Da triggert grad ganz viel und ich muß mich sehr ernsthaft dran erinnern, daß es bei Euch selbstgewählter Urlaub und , Gott sei's gelobt, getrommelt und gepriesen, keine erzwungene Flucht ist.

    Ich freue mich schon auf Fotos aus dem kommenden Herbst, wenn Ihr wieder sicher und gemütlich in Eurem schönen Haus vor Euch hin leben könnt.

    Umarmung und so....

  • #2

    Karin Otto (Dienstag, 16 Februar 2016 17:59)

    Ja, ihr Lieben, mir erging es gerade beim Lesen genauso wie der bayrischen verwandtschaft!
    Von Schleppern und ihren Machenschaften lesen wir hier ständig und nicht nur das. Es ist unfassbar, was Menschen Menschen antun können. Ich bin froh, dass ihr inzwischen am 14.2. schon wieder geschrieben habt und es euch offensichtlich gut geht!
    Ganz liebe Grüße schickt euch aus dem Weserbergland mit Blick aufs Abendrot nach einem sonnigen Wintertag die Karin

  • #3

    Peter (Sonntag, 06 März 2016 23:19)

    Respekt lieber Jörg! Ich hätte brav alles bezahlt um bloß schnell diese Prozedur hinter mich zu bringen, wieder was gelernt ....
    Liebe Grüße
    Peter